Presserückschau: vor 100 Jahren

Donaubote1

Keine Kohlen in Dillingen; Ermordung des Ministerpräsidenten; polizeiliches Tanzverbot

1. Februar 1919:

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Dillingen, 1. Februar. Wie die Ortskohlenstelle mit-
teilt, ist es ganz ausgeschlossen, daß für die nächste Zeit Kohlen
für den Hausbrand geliefert werden können. Die Kohlen-
lieferungen von den Gruben sind vorläufig eingestellt. Es ist
daher ganz zwecklos die Ortskohlenstelle mit Anfragen und un-
billigem Verlangen zu belästigen. Dieselbe wird bemüht sein,
in nächster Zeit einige Waggon Torf hereinzubekommen.

13. Februar 1919:

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Dillingen, 13. Febr. Die vom Schwäb. Albver-
ein, Ortsgruppe Dillingen, in Aussicht genom-
mene Familien-Unterhaltung kann wegen der ernsten Koh-
lenlage, Beschränkung der Polizeistunde usw. nicht statt-
finden. Es wurde in der Ausschußsitzung vom 4. Febr. be-
schlossen, statt der Familien-Unterhaltung anfangs Mai
ein „Frühlingsfest mit Tanz“ zu veranstalten. Am
1. Dienstag jeden Monats abends 7 Uhr findet im Vereins-
lokal „Lammkeller“ (Nebenzimmer) zwangloser Vereins-
abend statt.

22. Februar 1919:

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München, 21. Februar 1919. Ministerpräsident
Eisner wurde heute vormittag dreiviertel 10 Uhr, als
er sich in den Landtag begeben wollte, von einem Studen-
ten erschossen. Der Student wurde ebenfalls erschos-
sen. Im Landtag brachen blutige Ereignisse aus. Der
Landtag ist gesprengt. Die Abgeordneten der
Bayerischen Volkspartei sind interniert. Der
Minister Auer ist tot, nach einer anderen Meldung
schwer verletzt.
(Privattelegr.) Ministerpräsident Eisner wurde
heute Vormittag von dem Reserveleutnant und Hoch-
schulstudenten Grafen Arco-Valley mit einem
Pistolenschuß ermordet. Der Mörder wurde von einer
Ordonnanz ebenfalls erschossen. Im Landtag wurde
eine Stunde später Minister Auer von einem Mann
im Militärmantel durch einen Pistolenschuß lebens-
gefährlich verletzt. Durch einen weiteren Schuß
wurde der Abg. Osel getötet und Ministerialrat
Gareis verletzt. Die Versammlung stob in wilder
Panik auseinander. Der Landtag ist gesprengt, Mi-
nister Roßhaupter verhaftet. Minister Auer
wurde mittags operiert. Plakate forderten mittags
die Arbeiter zum Streik und zur Demonstration auf.
Die Zeitungen sind besetzt, der Straßenbahnverkehr ist
eingestellt. Es herrscht große Erregung.

28. Februar 1919:

28021918

Veröffentlichung d. Stadtmagistrats Dillingen
Verordnung über Einschränkung der Tanzlustbarkeiten.
Der Ernst der Zeit und die Notwendigkeit einer tun-
lichsten Einsparung von Brennstoffen, Beleuchtungsmitteln
und Bekleidungsstoffen fordern eine Einschränkung der in
der letzten Zeit jedes vernünftige Maß überschreitenden
Veranstaltung von Tanzunterhaltungen. Mit sofortiger
Wirksamkeit wird deshalb angeordnet:
§ 1. Alle tanzlustbarkeiten, auch geschlossene, sind bis
auf weiteres nur mit besonderer polizeilicher Erlaubnis zu-
lässig.
§ 2. Die Erlaubnis muß von dem Inhaber (Unterneh-
mer, Betriebsleiter) der Räumlichkeiten nachgesucht wer-
den, in denen die Veranstaltung stattfinden soll. Erfolgt
die Veranstaltung durch einen Verein, so ist die Erlaubnis
von dem Inhaber der Räumlichkeiten und dem Vereinsvor-
stand gemeinsam nachzusuchen.
§ 3. Zur Erteilung der Erlaubnis sind die Distrikts-
polizeibehörden, in München die Polizeidirektion bezw. die
Polizeiämter zuständig.
§ 4. Die Erteilung der Erlaubnis kann von der Ein-
haltung von Bedingungen abhöngig gemacht werden, die
die Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung, die Sicher-
heit und Sittlichkeit gewährleisten. Es kann die Hinter-
legung einer Sicherheitsleistung auferlegt werden, die als
zugunsten der gemeindlichen Armenkasse als verfallen er-
klärt werden kann, wenn die Bedingungen nicht eingehal-
ten werden.
§ 5. Verboten ist jede Veranstaltung von Maskenfesten,
Redouten, Bal pares u. dergl., sowie das maskierte Erschei-
nen auf öffentlichen Straßen.
§ 6. Die Veranstaltung von Tanzunterricht bedarf
gleichfalls besonderer polizeilicher Erlaubnis. Für die
Erteilung der Erlaubnis gelten die §§ 3, 4 dieser Verord-
nung. Tanzunterricht darf nur von Tanzlehrern und
Tanzlehrerinnen erteilt werden., die bereits vor dem 1.
Januar 1919 mit Gewerbesteuer hierfür veranlagt waren.
An dem Unterricht dürfen nur Schüler teilnehmen, die eine
Pauschvergütung für die ganze Kursdauer entrichtet ha-
ben. Der Zutritt zu den Unterrichtsstunden ist Nicht-
schülern, ausgenommen die begleitenden Eltern und son-
stige Aufsichtspersonen, verboten. Diese dürfen sich am Tanze
nicht beteiligen. Die Kurse dürfen nur in Räumen statt-
finden, die nicht in unmittelbarer Verbindung mit öffent-
lichen Wirtschaftsräumen stehen. Die sogen. Tanzübungs-
abende gelten als Tanzlustbarkeiten im Sinne des § 1 die-
ser Verordnung.
§ 7. Die Polizeistune darf bei Veranstaltung von
Tanzlustbarkeiten oder Tanzunterricht keinesfalls über-
schritten werden.
§ 8. Mit Geldstrafe bis 10 000 Mark wird gemäß BVO.
vom 7. November 1918 über die wirtschaftliche Demobil-
machung bestraft, wer den vorstehenden Bestimmungen zu-
widerhandelt oder an nicht erlaubten Veranstaltungen der
genannten Art teilnimmt.
Unabhängig vor der Strafverfolgung kann die Di-
striktspolizeibehörde die Räumlichkeiten zeitweise schließen,
deren Inhaber gegen die vorstehenden Bestimmungen ver-
stößt oder die ihm auferlegten Bedingungen nicht einhält.
Gegen die Beschwerde entscheidet die Regierung, Kammer des Innern,
endgültig. Die Beschwerde bewirkt keinen Aufschub.
München, den 13. Februar 1919.
Der Staatsminister für Demobilmachung.
Segitz.

Wappen

 

Der Waffenstillstand war noch nicht der Friedensvertrag; aber durch das Einstellen der Kampfhandlungen konnten Millionen von Männern die Schützengräben verlassen, nach Hause zu ihren Familien und an ihre Arbeitsstätten und Betriebe zurückkehren. Nicht wenige Betriebe wurden von Ehefrauen und Müttern alleine weitergeführt: auch im Krieg muß man Geld verdienen. Viele junge Männer konnten nun endlich ihren Schulabschluß nachholen, um dann an die Universitäten gehen. Das Vereinsleben blühte wieder auf. Unter den Kriegsheimkehrern ist der Bildhauer Franz Matuska sicherlich einer der Prominentesten, welcher Dillinger kennt die abgebildeten Kunstwerke nicht? 

2. Januar 1919:

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Gesucht werden
Schlafstätten
für Studierende, die, aus dem Kriege zurückgekehrt, den am
15. Januar beginnenden Hilfskurs am Gymnasium mitmachen.
Dieselben sind von morgens 6 Uhr bis abends halb 9 Uhr
im Seminar, beanspruchen also von ihren Wohnunggebern keine
Verpflegung, auch nicht Beheizung und Beleuchtung.
Für gefl. Angebote wäre sehr dankbar
Th. Hornung, Seminarinspektor.

13. Januar 1919:

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Einladung.
Diejenigen Dillinger Kriegsteilnehmer, wel-
che hier ihren Wohnsitz haben, wollen sich
:=: :=: behufs Vorbereitung einer :=: :=:
Heinkehr-Feier
in eine auf der Rathauswache dahier von
heute bis 15. lfd. Mts. aufliegenden Teil-
:=: :=: nehmerliste eingetragen. :=: :=:
Der Fest-Ausschuß:
Degen, Vorsitzender.

14. Januar 1919:

14011919.jpg

Bildhauerei für Grabdenkmäler Dillingen
Steinheimerstraße 7<- ->Steinheimerstraße 7
Vom Felde zurück, bringe ich der geehrten Einwohnerschaft
von Dillingen und Umgebung zur Kenntnis, daß ich
mein Geschäft wieder eröffnet habe.
Ich bitte das mir vor dem Kriege geschenkte Vetrauen
auch fernerhin entgegenbringen zu wollen
Hochachtungsvollst
Franz Matuska

23. Januar 1919:

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Krieger-Feier
Die Titel Mitglieder des Sänger-
vereins und Liederkranzes sowie alle
übrigen sangeskundigen Herrn (Krieger
und Nichtkrieger!) werden hiemit für
heute Donnerstag, abends 8 Uhr
zu einer
-> Probe <-
in „Hofbräuhaus“ freundlichst eingeladen.
Th. Hornung, Seminarinspektor.

30. Januar 1919:

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Geschäfts-Empfehlung.
Meinen sehr verehrten Kunden von hier und
Umgegend zeige hiemit an, daß ich nach 3½ Jahren
Kriegsdienst nunmehr meine
Metzgerei
ab 1. Februar wieder selbst weiterführe.
Ersuche die werten Kunden, mich wieder be-
ehren zu wollen.
Hochachtungsvollst
Andreas Gerstmayer,
Metzgermeister,
Stadtberg 4.

Wappen